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Offener Brief

 

Herrn

Hans-Joachim Laesicke

Bürgermeister der Stadt Oranienburg

Schlossplatz 1

16515 Oranienburg

 

 

Sehr geehrter Herr Laesicke,

 

wir wenden uns heute mit diesem Offenen Brief an Sie, um ein Zeichen des guten Willens zu setzen. Als Mitglieder der Bürgerinitiative „Contra Eierfabrik“ wollen wir unseren Sorgen und Befürchtungen im Zusammenhang mit den Plänen für Legehennen-Anlagen in den Ortsteilen Wensickendorf und Zehlendorf der Stadt Oranienburg Ausdruck verleihen. Zugleich wollen wir noch einmal klarmachen, dass wir an einer fairen, konstruktiven Diskussion interessiert sind. Wir wollen niemanden kriminalisieren oder verteufeln! Im Gegenteil: Wir haben mehrfach bewiesen, dass wir uns die Argumente der Investoren geduldig anhören. Wir wollen aber, dass unsere Argumente – die wir uns erzwungenermaßen innerhalb kürzester Zeit mit einem hohen Engagement erarbeiten mussten – mit der nötigen Ernsthaftigkeit und mit Respekt wahrgenommen werden.

Gestatten Sie uns einige Anmerkungen zu Ihren Ausführungen im Oranienburger Stadtmagazin vom Oktober.

Wir müssen darauf hinweisen, dass die von Ihnen gelobten Informationsveranstaltungen der Investoren erst stattfanden, nachdem die BI bereits Informationsveranstaltungen in den betroffenen Ortsteilen durchgeführt hatte. Bis dahin gab es von den Investoren keinerlei Informationen der breiten Öffentlichkeit! Wir haben unsere Informationsveranstaltungen im Übrigen immer auf Basis der Informationen geführt, die von den Investoren in den bis zu diesem Zeitpunkt geführten Gesprächen mit einzelnen Anwohnern geäußert worden waren.

Sie würdigen Herrn Vortallens Absichtserklärungen in Bezug auf den Umgang mit den Legehennen. Wir verweisen erneut auf die EG-Verordnung 889/2998[1]. Darin ist als Mindestvoraussetzung für ökologische bzw. biologische Erzeugnisse glasklar fixiert, dass Legehennen in Ställen mit maximal 3.000 Tieren unterzubringen sind. Herr Vortallen plant mit seinem Partner Hendrik Roest vier Ställe mit je 21.000 Tieren, die in 3.000-er Gruppen unterteilt sind. Entspricht das wirklich dem Geist der Verordnung? Sind da nicht Zweifel berechtigt, ob wir hier wirklich Bio-Eier bekommen sollen? Oder ist es nicht einfach industrielle Tierhaltung, die hier geplant und von den Menschen in Brandenburg eindeutig abgelehnt wird?

Ein anderer Kernpunkt unserer Bedenken sind die gesundheitlichen Gefahren, die mit den Anlagen verbunden sind. Wir haben am 7. Oktober 2016 rund 100 Menschen in der Kirche Zehlendorf begrüßen können. Sie alle wohnten einem Vortrag des Kinderarztes Dr. Ulrich Fegeler bei. Wir haben die Aussagen seines Vortrages auf unserer Internetseite veröffentlicht[2]. Seine Schlussfolgerung: „Ich wollte vor allem deutlich machen, dass wir über die medizinischen Umweltbelastungen und Gefahren der Bioaerosole aus der geplanten Anlage kaum verlässliche Informationen haben. Wir wissen nur eines gewiss: Dass es ein großes Potenzial an Gesundheitsgefahren gibt. Das sollten alle ernst nehmen, die Verantwortung tragen.“

Lassen Sie uns schließlich auf einen dritten Schwerpunkt unserer Kritik eingehen, die widersprüchlichen Auswirkungen des Projektes. Wir verweisen in aller Kürze darauf, dass die Legehennen-Anlagen etablierte Betriebe im direkten Umfeld existenziell gefährden. Wer will auf einem Reiterhof Pferde einstellen, wenn der neben einer solchen Anlage steht? Wer kauft Erzeugnisse eines Spargelhofes mit dieser Nachbarschaft? Sollen vier neue Arbeitsplätze in den Anlagen mit dem Verlust einer deutlich höheren Zahl bestehender Arbeitsplätze erkauft werden? Andere Aspekte sind die Konflikte, die sich aus der Lage an bzw. in verschiedenen Schutzgebieten ergeben. Erfreuen sich Touristen an Legehennen-Anlagen oder an gesunder Luft in nicht zersiedelter Natur? Und wie schließlich sollen wir mit dem Widerspruch umgehen, dass auf der einen Seite Bio-Eier immer stärker nachgefragt werden, auf der anderen Seite das Käuferklientel große Akzeptanzprobleme mit den konkreten Auswirkungen der Anlagen hätte. Auch erscheint es uns schon beachtlich, dass in den Planungen der Investoren explizit auch Hinweise auf Alternativen zur ökologischen Tierhaltung zu finden sind. Ganz so, als wollten sie nicht unbedingt Bio-Eier erzeugen.

Übrigens: Das von Ihnen so kritisierte Hühnerbild entstand von den öffentlich zugänglichen Außenanlagen des Bauermarktes. Inzwischen gibt es diesen Anblick nicht mehr. Wir haben dieses Foto lange Zeit nicht genutzt, gerade weil es uns um Sachlichkeit geht. Oder würde es die Glaubwürdigkeit von Herrn Roest als Bio-Bauer stärken, wenn solche Bilder auf seinen Anlagen schon heute möglich sind?

An dieser Stelle wollen wir für den Moment aufhören, zu argumentieren. Wir haben viele weitere – wie wir finden – gute Argumente auf unserer Internetseite zusammengetragen. Sie sind herzlich eingeladen, sich damit auseinanderzusetzen.

 

Sehr geehrter Herr Laesicke,

wir hoffen sehr, dass unsere Argumente noch einmal deutlich machen, dass wir an einer ernsthaften, fairen und sachlichen Diskussion interessiert sind. Wir haben hohen Respekt vor der Arbeit von Landwirten, wir lehnen zugleich Agrarindustrie klar ab. Aus unseren Argumenten spricht die eigene Sorge, sie sollen niemandem Angst machen. Zugleich sehen wir uns gestärkt durch die Unterstützung von 4.000 Menschen, die innerhalb weniger Wochen unsere BI mit ihrer Unterschrift unterstützt haben. Wir sind eine große Gruppe von Bürgern, ganz unterschiedliche Menschen in verschiedensten Berufen. Uns unterstützen nicht nur direkte Anwohner, sondern auch Eltern, Berufstätige und Rentner. All dies verdient es, ernst genommen zu werden – von Stadtpolitikern genauso wie von dem letztlich über die Anträge entscheidenden Landesumweltamt.

Wir sind gern bereit, mit den Investoren erneut an einem Runden Tisch zusammenzukommen. Wir sind gern bereit, anhand von den verfügbaren Fakten einen Weg zu finden, den wir gemeinsam gehen können. Als Bürgermeister waren Sie so freundlich, die direkten Anwohner  zu einem Gespräch zu empfangen. Als Bürgermeister waren Sie zu den „Runden Tischen“ der Investoren geladen und anwesend. Leider hatten Sie noch keine Zeit, sich von der Sachlichkeit und Ernsthaftigkeit  der Arbeit der örtlichen Bürgerinitiative zu überzeugen oder einen „Vor-Ort-Termin“ wahrzunehmen. Sicher ist das bei einem vollen Terminkalender schwierig. Gern erneuern wir an dieser Stelle unsere Einladung an Sie und andere Volksvertreter zu Gesprächen mit der Bürgerinitiative. Lassen Sie uns dies in einer Atmosphäre tun, die frei von Anfeindungen ist. Als unvoreingenommener und kritischer Vermittler eines solchen Diskussionsprozesses sind Sie uns herzlich willkommen.

 

Für die Mitglieder der

Bürgerinitiative „Contra Eierfabrik“

 

Heike Bartel

Martin Meier

Horst Jäkel        

 

Oranienburg, 27. Oktober 2016

 

Offener Brief als PDF

 

 
 
 

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